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Beitrag vom 19.12.2025
East Side Story – A German Jewsical. Maxim Gorki Theater. Aufführungen: 18.12.2025, 31.12.2025, 1/17/18/Januar 2026
AVIVA-Redaktion
Eine Stadt zwischen Verdrängung und Wiederaufbau, zwischen West-Versprechen und Ost-Utopien – sowie eine jüdisch-kommunistische Familie und die Frage, warum es Menschen wie sie gab, die nach den Lagern ausgerechnet im Land der Täter*innen neu anfangen wollten
Eine Stadt in Trümmern, zweieinhalb jüdische Schwestern zurück in ihrer ehemaligen Heimat, um zu schauen, ob man hier noch leben kann, ein Vater mit vielen Gedanken und Plänen, eine Mutter, die sie dann umsetzt, ehemalige und zukünftige Liebschaften, zwei Systeme voller Utopien, jede Menge Musik und – ach ja – der Holocaust war ja auch noch. Aber das waren andere Zeiten. Das war damals. Also vor einigen Monaten. Vielleicht sogar Jahren! Jetzt ist es Zeit abzuhaken. Zeit für ein Wirtschaftswunder. Zeit für ein realsozialistisches Land. Zeit für einen kalten Krieg. Zeit für ein Musical. Denn alles andere wurde nur dazu führen, dass man sich mit der Realität auseinandersetzen muss. Und das will wirklich niemand. Denn auf der einen Seite der Stadt gibt es bereits Coca-Cola statt »Heil Hitler« und auf der anderen dürfen Faschisten gar nicht existieren, also gibt es auch keine.
Seit zwölf Jahren positioniert sich das Gorki auch als jüdisches Autor*innentheater: Am 18/Dezember öffnete sich die große Bühne für ein weiteres Musical: EAST SIDE STORY – A GERMAN JEWSICAL.
Der absurd-dramatischer Musicalabend ist inspired by Hildegard Knef, South Park, Fritz Bauer, Billy Wilder und vielen Anderen.
Autor Juri Sternburg nimmt uns mit in ein Berlin nach dem Zweiten Weltkrieg: Eine Stadt zwischen Verdrängung und Wiederaufbau, zwischen West-Versprechen und Ost-Utopien – sowie eine jüdisch-kommunistische Familie und die Frage, warum es Menschen wie sie gab, die nach den Lagern ausgerechnet im Land der Täter*innen neu anfangen wollten. Die Geschichte ist auch von Sternburgs eigenem Theatererbe inspiriert: Er ist Urenkel des Theatermachers Wolfgang Langhoff, der nach Verfolgung und Haft im Konzentrationslager Buchenwald nach 1945 nach Deutschland zurückkehrte, und dessen italienisch-jüdischer Frau Renata. Auch die jüdischen Großeltern der Regisseurin Lena Brasch kamen nach der Shoah zurück in die sowjetische Besatzungszone und beteiligten sich am Aufbau der DDR. Familien, die vom kommunistischen antifaschistischen Aufbau träumten, und deren Lebenswege sich im real existierenden Sozialismus stark unterscheiden sollten.
Mit hinreißenden Songs von Paul Eisenach entsteht ein grotesk-schmerzhafter, ebenso poppig wie spannungsgeladener Abend. Auf der Bühne: Jasna Fritzi Bauer, Klara Deutschmann, Edgar Eckert, Anastasia Gubareva, Nairi Hadodo, Lindy Larsson, Fridolin Sandmeyer und Sesede Terziyan – eine Besetzung, die mit Wucht und Humor hineinspielt in die Frage, was uns heute verpflichtet.
East Side Story – A German Jewsical | Von Juri Sternburg, Regie Lena Brasch, Songs von Paul Eisenach, BAND: Gidon Carmel, Fee Aviv Dubois, Izzy Ment, Albertine Sarges
Info & Karten www.gorki.de
Text: Maxim Gorki Theater
Foto: © Esra Rotthoff